Tag IV … und immer viel Wasser trinken….

Die Tage hier vergehen so schnell, dass wir kaum zum schreiben kommen.

Gestern haben wir sehnsüchtig einen Brief von Clara erwartet. Der kam aber nicht. Wir hatten im Vorfeld verabredet, dass wir in so einem Fall versuchen, irgendwie von draußen Infos zu bekommen. Und das ist uns dann nach einem Anruf bei der JVA gelungen. Wir erfuhren, dass es Clara gut geht und andere Infos, die uns beruhigten. Gelassener konnten wir in den Rest des Tages gehen.

Woher kam unsere Unruhe? Es war doch klar, dass wir eigentlich keine richtige Kommunikation mit Clara haben würden. Ja, das war klar. Dass war aber im Verstand. Und das Gefühl sagt etwas ganz anderes: Geht es ihr wirklich gut, bereut sie ihre Entscheidung, weint sie sich jeden Abend in den Schlaf? Oder sitzt sie auf dem Boden und macht Yoga, singt die Lieder, die wir auch draußen miteinander gesungen haben, schmiedet sie neue Pläne für Aktionen, malt sie oder strickt sie? Hat sie gute Gespräche mit Mitgefangenen, öffnet ihr Herz für die Leben ihrer Mitfrauen? Wir schwankten hin- und her. Und wahrscheinlich ist das Leben dort drinnen für Clara gar nicht so ein entweder oder. Sondern wahrscheinlich hat es Aspekte von beiden Polen: Wissen, ich bin hier richtig und gleichzeitig auch immer mal wieder ein wenig Kummer. Das gehört im Leben dazu, warum nicht auch drinnen?

Und wir realisieren, dass wir gar nicht mehr gewöhnt sind, nicht sofort unser Bedürfnis nach Kontakt befrieden zu können, sind wir doch alle fast immer und fast überall für einander errreichbar.

Beruhigt lauschen wir am Nachmittag zusammen mit gut 15 Hildesheimer Bürger*innen den Erinnerungen von Holger Isabelle Jänicke im Erzählcafe. Holger Isabelle hat mehr als 9 Monate in Strafhaft verbracht.

Am Sonntagmorgen dann feiern wir mit Berthold Keunecke einen Ökumenischen Gottesdienst direkt vor der JVA Pforte. Das Knacken in der Gegensprechanlage der Tür zum JVA Gelände deutet an, dass während der gesamten Andacht die Beamten im Aufnahmezimmer mit zuhören. Zum Abschluss legen wir ihnen noch einen Liederzettel der Andacht ins den Briefkasten.

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Dieser Briefkasten füllt sich seit Donnerstag jeden Tag immer wieder neu mit Post von uns: Viele nutzen die vorbereiteten Solidaritätspostkarte oder das Briefpapier mit den  Vögeln, die sich aus den Dornen des Stacheldrahtes emporheben oder fotografieren per Polaroid-Kamera ein Foto von sich auf der Mahnwache, legen es einen Briefumschlag und werfen es gleich in den Briefkasten der JVA.

Eine besondere Form der Kommunikation in den Knast hinein haben wir durch eine Kleinanzeige in der TAZ geschaltet.Dort steht in der Wochenendausgabe unter „Grüßen „:Clara: „Du bist drinnen- wir sind draußen. Zusammen kämpfen wir für eine atomwaffenfreie Welt. Büchel braucht Zivilen Ungehorsam. Dauermahnwache vor der JVA Hildesheim bis 28.3. http://junepa.blogsport.eu/aktionen/gefaengnis/programm-der-dauermahnwache/ Seid solidarisch! Kommt vorbei! (@ Clara: und immer viel Wasser trinken :-)“ (Das ist ein Insider-Witz, weil Clara manchmal während Aktionen zuwenig getrunken und es dann unsere Aufgabe war, sie daran zu erinnern)

Durch das taz-Abo, dass wir Clara für die Tage in den Knast gesandt haben, kann es sein, dass sie diese Anzeige tatsächlich gelesen hat.