PM: Verfassungsbeschwerde gegen nukleare Teilhabe eingereicht

Karlsruhe, 18.5.2020
Pressemitteilung

Verfassungsbeschwerde gegen Nukleare Teilhabe eingereicht
Deckt Rechtfertigender Notstand den Zivilen Ungehorsam?

Am heutigen Tag haben Atomwaffenaktivist*innen Verfassungsbeschwerde gegen die Nukleare Teilhabe eingereicht.

Im September 2016 hatten sie gemeinsam mit sechs weiteren Mitstreiter*innen Bombenabwurfübungen am Atomwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel verhindert. Für mehrere Stunden konnten die deutschen Pilot*innen keinen Einsatz mit diesen Massenvernichtungswaffen trainieren.


Wegen ihrer Aktion Zivilen Ungehorsams wurden die Teilnehmer*innen wegen Hausfriedensbruch angeklagt und vom Amtsgericht Cochem bis hin zum Oberlandesgericht Koblenz zu 30 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

In ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Aktivist*innen, dass ihre Aktion vom Rechtfertigenden Notstand (§34 StGB) gedeckt gewesen sei. Denn wenn eine gegenwärtige Gefahr vorliegt und eine Güterabwägung vorgenommen wurde, kann in bestimmten Fällen eine sonst mit Strafe belegte Tat straffrei ausgehen, wenn sie dazu dient, die Gefahr abzuwenden. Dazu hätte aber in den verschiedenen Gerichtsinstanzen gehört, die Beweisanträge zum Beleg der gegenwärtigen Gefahr zuzulassen und die gewaltfreie Aktion als angemessene Reaktion auf die Bedrohung durch die Atomwaffenübungen in Büchel anzusehen. „Die fehlende Auseinandersetzung der Fachgerichte mit den Rechtfertigungsgründen der Aktion Zivilen Ungehorsams sehen wir als staatliche Diskursverweigerung an“, so Karen Welhöner, Forstwissen-schaftsstudentin aus Göttingen. „Ziviler Ungehorsam ist ein wichtiges Korrektiv in einer funktionierenden Demokratie- Wir haben aktiven Verfassungsschutz betrieben“ ergänzt Katja Tempel, eine der Beschwerdeführer*innen und Hebamme im Wendland.

Deswegen reichte die Prozesskampagne Wider§pruch heute Verfassungsbeschwerde ein : „Die Nukleare Teilhabe und das Üben mit Atombomben in der Eifel bricht Tag für Tag das Humanitäre Völkerrecht“ begründet Ernst-Ludwig Iskenius, Mitglied in der Ärzteorganisation IPPNW den Weg nach Karlsruhe. Rückenwind bekommen die Atomwaffen-gegner*innen vom Internationalen Gerichtshof, der in einem UN-Verfahren erklärte, dass „ein Androhen des Einsatzes oder ein Einsatz von Atomwaffen (…) mit den Anforderungen vereinbar sein müsste, die sich (…) aus den Prinzipien des humanitären Völkerrechts ergeben“. Und die Prinzipien sehen eindeutig das Vermeiden unnötigen Leidens der Zivilbevölkerung und die Unterscheidung zwischen Zivilisten und Militär vor. Beides ist bei einem Atombombeneinsatz nicht gewährleistet.

Mit beteiligt sind die Rechtsanwälte Anna Busl aus Bonn und Christian Mertens aus Köln. Verstärkt wird die juristische Expertise von dem Rechts-berater Holger Isabelle Jänicke.

Die drei Beschwerdeschriftsätze sind eingereicht, jetzt liegt es an den Richter*innen in Karlsruhe. Einig sind sich alle Anwesenden:

In Büchel, Karlsruhe, weltweit: Atomwaffen müssen geächtet werden.

Pressekontakt:
Katja Tempel
0160-44 00 206

Prozesskampagne Wider§pruch- Vom Atomwaffenlager bis in den Gerichtssaal
widerspruch-atomwaffen@riseup.net
https://junepa.noblogs.org/aktionen/widerspruch/

Fotos zu freien Verwendung:https://www.flickr.com/photos/junepa/albums/72157714310793271
Quellenangabe: Wider§pruch