Bericht: Die Gerichtsverhandlung in Lingen

Zu den Hintergründen der Verhandlung

Wir haben uns am Vorabend der Verhandlung mit 15 Menschen in Lingen getroffen, um den Prozess vorzubereiten. Wir haben uns überlegt wie wir uns im Gericht verhalten wollen und wie wir das Drumherum gestalten.

Am Verhandlungstag sind wir früh aufgestanden und haben den Gerichtsvorplatz mit Bannern, Flyern und Fahnen geschmückt.
Um 9 Uhr hat dann der Prozess begonnen. Der “Saal” war viel zu klein für die vielen Unterstützer_innen (kurz vor Prozessbeginn sind sogar noch Einheimische dazugekommen), so dass einige auf der Erde sitzen mussten.

Die Richterin hat gleich am Anfang verkündet, dass es sich hier ja um eine schnelle Sache handle, die man in 15 Minuten abhaken könnte. Dementsprechend schnell arbeitete sie sich durch die einzelnen Punkte des Prozessablaufs. Trotzdem hat sich die betroffene JunepA-Aktivistin Zeit genommen, um in Ruhe ihre Prozesserklärung vorzulesen. Die gesamte Prozesserklärung findet ihr hier.

Nach der Prozesserklärung und einigem Hin und Her zwischen dem Verteidiger vom Rechtshilfebüro Hamburg und der Richterin hat sie verkündet, dass das Verfahren eingestellt werden würde und sich daran auch nicht mehr rütteln ließe. Obwohl ein Schlusswort der Betroffenen in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht vorgesehen ist, haben wir gemeinsam am Ende ein umgedichtetes Lied gesungen. Den Text findet ihr hier.

Das war ein erneuter kleiner Akt Zivilen Ungehorsams, da die Richterin deutlich gesagt hat, dass sie unser Schlusswort nicht hören möchte. Als die Betroffene dennoch ihre Gitarre ausgepackt hat und wir angefangen haben zu singen, hat die Richterin die Versammlung als geschlossen erklärt und ist aufgestanden. Sie hatte nicht die Geduld, zu warten, bis das Lied zu Ende ist und hat einen Justizbeamten angefordert. Als der kam waren wir aber schon beim Schlussakkord angekommen.

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Rechtliche Einschätzung

Erstmal können wir sagen, dass wir mit der Einstellung zufrieden sind. Es ist ein großer Erfolg für uns, dass die Aktivistin kein Bußgeld zahlen muss und dass das Gericht nicht in der Lage war, nachzuweisen, dass der Vorwurf berechtigt ist.
Mit der Einstellung ist jedoch verbunden, dass die Aktivistin ihre eigenen Auslagen (Rechtsbeistand, Fahrtkosten etc.) selber zahlen muss. Wir finden, es ist eine Unverschämtheit bei einer solchen Aktion eine Person explizit “herauszupicken”, ihr etwas vorzuwerfen und bei Nichtbeweisen des Vorwurfs die Kosten nicht zu übernehmen.
Das heißt, wir finden das Urteil nicht angemessen, freuen uns aber trotzdem darüber, dass das Gericht bzw. die Stadt Lingen nicht in der Lage war, uns zu kriminalisieren.

Dieses Ergebnis gibt uns Mut, uns weiterhin nicht von staatlicher Repression einschüchtern zu lassen und unbeirrt weiter Zivilen Ungehorsam zu leisten

Genau das haben wir dann nach der Verhandlung auch getan, hier findet ihr den Bericht zur Blockade.