-Atomwaffengegner von Landgericht verurteilt
Koblenz, 26.09.2019, 10 Uhr
Am gestrigen Mittwoch, den 25.09.2019, wurden vier Friedensaktivist_innen vor dem Landgericht in Koblenz zu je 30 Tagessätzen verurteilt. Sie hatten im September 2016 die Startbahn des Atomwaffenlagers Büchel besetzt und sind nun in einer Berufungsverhandlung wegen Hausfriedensbruch verurteilt worden. Damit bestätigte das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts Cochem, gegen das die Atomwaffengegner_innen Berufung eingelegt hatten. Die Verurteilten erklärten sich dennoch zufrieden mit der Verhandlung in Koblenz: „Wir konnten vor Gericht deutlich machen, dass unsere Aktion des Zivilen Ungehorsams gegen die Atomwaffen notwendig und legitim war“, sagt Ernst-Ludwig Iskenius, einer der Angeklagten. Die vier Angehörigen der Prozesskampagne Wider§pruch hatten 2016 mit anderen Aktivist_innen in einer kalkulierten Regelverletzung die regelmäßigen Flugübungen auf dem Fliegerhorst in Büchel gestört. Dort lagern US-amerikanische Atombomben, die im Konfliktfall von deutschen Soldat_innen an ihr Ziel geflogen werden sollen.
In der Verhandlung haben die Aktivist_innen in ausführlichen Plädoyers deutlich gemacht, dass ihre gewaltfreie Aktion in Zeiten nuklearer Aufrüstung ein angemessenes Mittel war. Dabei beriefen sie sich auf den Notwehrparagrafen, der besagt, dass Bürger_innen sich gegen einen Angriff auf ihre Grundrechte zur Wehr setzen dürfen, wenn staatliche Instanzen versagen. Die Tat, also das „Go-In“ in Büchel, sei dazu geeignet gewesen, die Einsatzbereitschaft der Tornados mit den Atombomben einzuschränken. „Wenn jeden Tag immer mehr Menschen den Flugverkehr behindern würden, wäre ein Übungsbetrieb der Atombombenflieger unmöglich. Die Gefahr der Drohung und des Einsatzes von Atombomben von deutschem Boden aus wäre gebannt“, so Katja Tempel von der Prozesskampagne Wider§pruch.
Die Beschuldigten, die sich vor Gericht ohne Anwälte selber verteidigten, klagten die Bundesregierung an, rechtswidrig zu handeln, indem sie den 2+4-Vertrag und den Nichtverbreitungsvertrag missachtet und die Verfügungsgewalt über Atomwaffen im Rahmen der Nuklearen Teilhabe annimmt. Richterin Strauß hat die Motivation der Aktivist_innen gewürdigt, jedoch alle Beweisanträge der Angeklagten abgelehnt. Trotzdem war die Gerichtsverhandlung laut dem Angeklagten David Haase „für alle Anwesenden im gut gefüllten Gerichtssaal ein spannendes Lehrstück, wie man sich auch vor Gericht noch widerständig zeigen kann“. In der 7-stündigen Verhandlung, die bis in die Abendstunden ging, waren rund 50 solidarische Prozessbeobachter_innen anwesend. Die Gerichtsprozesse sind für die Aktivist_innen Teil ihrer Aktion gegen die Atomwaffen: „Unser Ziel ist es, die Völkerrechtswidrigkeit der Atomwaffen vor Gericht deutlich zu machen. Mit dem Urteil des Landgerichtes sind wir nun einen Schritt weiter auf unserem Weg zum Bundesverfassungsgericht“, sagt Katja Tempel. Der heutige Prozess war die fünfte Verhandlung, die die Prozesskampagne Wider§pruch seit 2017 geführt hat. 2018 waren vor dem Oberlandesgericht in Koblenz zwei weitere Atomwaffengegner_innen rechtskräftig wegen Hausfriedensbruch verurteilt worden. Eine der Aktivist_innen hat einen Teil ihrer Strafe ersatzweise im Gefängnis abgesessen – eine Option, die auch für die heutigen Verurteilten denkbar wäre, um ihren Widerstand gegen Atomwaffen fortzuführen. Die Angeklagten kündigten an, Revision gegen das Urteil einzulegen.
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