Wir haben uns entschieden, euch aus unterschiedlichen Perspektiven mit unterschiedlichen Schwerpunkten unseren Eindruck von den Ende Gelände-Aktionstagen zu vermitteln. Die Berichte sind subjektiv und sind nur aus der Sicht einzelner Aktivist_innen verfasst.
Hier ist der erste Bericht:
Die JunepA-Bezugsgruppe
Als wir im November 2015 erfahren haben, dass es 2016 wieder eine Ende Gelände-Aktion geben würde, haben wir bei JunepA uns überlegt, wie wir uns am Vorbereitungsprozess beteiligen können.
Wir waren bei jedem Vorbereitungstreffen vertreten. Da es jedoch ziemlich schwer ist, als Gruppe tatsächlich Aufgaben zu übernehmen, haben wir uns entschieden, uns vor allem auf die Mobilisierung über unsere Kanäle zu konzentrieren.
Dazu gehörte, dass wir auf unserer Website inhaltliche Texte veröffentlicht, eine Facebookveranstaltung erstellt , JunepA-bei-Ende-Gelände-Flyer gedruckt, Mobiveranstaltungen organisiert und den Menschen in und außerhalb unseres Umfeldes vermittelt haben:
Ihr könnt mit uns in die Grube kommen!
Der Gedanke dahinter war folgender: Es ist viel leichter, zu so einer Aktion zu fahren (vor allem, wenn mensch so etwas noch nicht gemacht hat), wenn mensch schon vorher eine feste Bezugsgruppe hat und ungefähr weiß, was auf ihn_sie zukommt. Diesen sicherheitsgebenden Rahmen wollten wir mit der JunepA-Bezugsgruppe bieten.
Allen Menschen, die sich irgendwie interessiert gezeigt haben, haben wir im Vorhinein Mails geschrieben, haben versucht, Fahrgemeinschaften und Schlafplätze zu organisieren, haben und eine Packliste erstellt. Außerdem wollten wir die Menschen, die unerfahren waren, auch schon inhaltlich auf die Aktionstage vorbereiten und haben ihnen Fragen geschickt („Würdest du in Gewahrsam gehen?“, „Wie willst du dich räumen lassen?“), die sie für sich beantworten konnten.
Dabei haben wir darauf geachtet, dass wir nicht die Selbstbestimmtheit der Aktivist_innen einschränken. Uns ist es wichtig, dass sich die Menschen eigenverantwortlich auf so eine Aktion vorbereiten und einlassen – wir können da keine Entscheidung abnehmen und unser Ziel war es auch nicht einen durchorganisierten Aktionsurlaub anzubieten. Gleichzeitig wissen wir aber, wie groß die Schwelle sein kann, zum ersten Mal alleine zu einer Aktion Zivilen Ungehorsams zu fahren und dieses Hindernis wollten wir mit unserer Unterstützung ein bisschen kleiner machen.
In den ersten Tagen auf dem Camp waren wir noch sehr wenige, so dass sich die Bezugsgruppenarbeit ein bisschen schwierig gestaltet hat. Am Donnerstagabend bei unserem Bezugsgruppentreffen waren wir aber auf einmal richtig viele. Das war ein tolles Gefühl – wir hatten es tatsächlich geschafft, Menschen in die Lausitz „zu holen“. Natürlich waren nicht alle (nur) durch uns mobilisiert worden. Einige hatten sowieso vor, zu Ende Gelände zu fahren, andere haben wir auf dem Klimacamp angesprochen, ob sie noch eine Bezugsgruppe suchen. Aber es waren eben doch einige dabei, die sich mit unserer Unterstützung dazu entschieden haben, an diesem Wochenende Kohlebagger zu blockieren.
All diese Menschen – die, die schon lange dabei sind und die, die ganz neu dazu gekommen sind – haben dann eine Bezugsgruppe gebildet. Das war ein besonderer Prozess, weil wir 13 Menschen waren, die am Freitag in die Aktion wollten (5 weitere von uns sind am Samstag in die Aktion gegangen und 2 Menschen haben im Camp unser „Backoffice“ gemacht). Eine Bezugsgruppe mit 13 Personen ist schon eine Herausforderung. Nach einigen Stunden Diskussion haben wir dann ein Konzept gefunden, mit dem wir uns vorstellen konnten, in die Aktion zu gehen.
Die Aktion mit dieser JunepA-Bezugsgruppe, in der viele Menschen sich erst seit ein paar Stunden kannten, war einfach überwältigend schön und kraftvoll – da sind wir uns alle einig. Wir haben Wege gefunden, Entscheidungen zu treffen, Konflikte zu lösen und alle gemeinsam diese 48 Stunden Kohlewüste, Gleisblockade und Naziangriffe zu überstehen. Und dabei hatten wir auch noch eine Menge Spaß.
Die Nachbereitung war sehr anstrengend, weil wir den Anspruch hatten, Probleme, die während der Aktion aufgetreten sind, gleich zu besprechen und zu lösen, damit wir für JunepA und für kommende Aktionen daraus lernen können.
Was klar ist, ist, dass diese Aktion und diese Art der Mobilisierung ein voller Erfolg war. Ein schöner Nebeneffekt ist auch, dass es jetzt wieder ganz viele Menschen gibt, die Lust haben, sich JunepA anzuschließen und unser Netzwerk bestimmt bereichern werden.