PM Kohle erSetzen!

Pödelwitz, 04.08.2018
Klimaschützer umzingeln Kraftwerk Lippendorf
Sitzblockade fordert: Sofort raus aus der Kohle!

Seit Samstag um 13 Uhr wird das Kohlekraftwerk Lippendorf südlich von
Leipzig durch Klimaschützer_innen blockiert. Die rund 350 Aktivist_innen
der Aktionsgruppe "Kohle erSetzen!" versperren mit zahlreichen Bannern
die Zufahrten des Braunkohlekraftwerks.Dessen klimaschädlicher Betrieb
wird dabei kurz vor dem Schichtwechsel erheblich gestört. Die kraftvolle
Sitzblockade soll auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden. Die
Blockierenden forderndie sofortige Einleitung eines konsequenten
Kohleausstiegs.

Diese vielen hundert Menschen setzen sich mit ihren eigenen Körpern dem
Unrecht der Klimakrise an einem seiner Entstehungsorte entgegen. "Wir
dürfen nicht auf die klimapolitisch erstarrte Bundespolitik mit der
Kohlekommission warten, denn diese bleibt hinter dem Nötigen meilenweit
zurück", so Mira Jäger als Pressesprecherin der Aktion. "Das im Pariser
Klimavertrag verbindlich verankerte 1,5-Grad-Ziel rückt weiter in die
Ferne. Angesichts des Politikversagens mit dem vernichtenden Verfehlen
der 2020er-Klimaziele Deutschlands müssen wir selbst aktiv werden und
unsere Gesellschaft mit Zivilem Ungehorsam wachrütteln." Eine
Energieversorgung mit 100% Erneuerbaren Energien sei machbar, lediglich
der politische Wille für eine schnelle Umsetzung fehle völlig.

Trotz des schnellen Ausbaus der Erneuerbaren Energien wird noch heute
etwa ein Viertel des Stroms in Deutschland aus Braunkohle und damit dem
klimaschädlichsten Energieträger erzeugt. Gleichzeitig wurden in den
letzten zehn Jahren laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk jährlich 21,5
Millionen Menschen durch Wetterextreme zumeist innerhalb ihres Landes
vertrieben. Extremwetterereignisse sind mittlerweile etwa doppelt so
häufig eine der Fluchtursachen wie Krieg und Gewalt. „Hitzesommer wie
dieser werden durch den Klimawandel immer häufiger und stärker“, ergänzt
Pressesprecherin Mira Jäger. Statt sich in ewigen Absichtserklärungen zu
verlieren, fordert die Aktionsgruppe daher, Klimagerechtigkeit endlich
mit einer globalen Perspektive umzusetzen. Denn im Globalen Süden, wo
die Menschen am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, finden auch
die heftigsten Kämpfe gegen klimaschädliche Umweltausbeutung statt.

Im Braunkohlerevier desLeipziger Südraumswerden für den Braunkohleabbau
weiterhin hunderte Menschen umgesiedelt und Ortsgemeinschaften
zerrissen. Im 700 Jahre alten Dorf Pödelwitz sind trotz seinem Schutz
durch das Heuersdorfgesetz und fehlender Genehmigung der dort geplanten
Tagebauerweiterung bereits 80% der Häuser von der MIBRAG aufgekauft
worden. "Wir solidarisieren uns mit den widerständigen Bewohner_innen
und fordern keine weiteren Umsiedlungen für Braunkohle - weder in
Pödelwitz, noch anderswo", so Clara Tempel von der Aktionsgruppe.Ein
Moratorium für den Neubau von Kraftwerken und die Erweiterung von
Tagebauplänen wäre nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes schon vor
Jahren nötig gewesen.

Im Rahmen des Klimacamps Leipziger Land fanden in den letzten Tagen
zahlreiche Workshops und Podien zur sozial-ökologischen Transformation
statt. Als eine der Säulen des Klimacamp-Konzepts folgt nun der
Aktionszeitraum mit zwei Fahrraddemos, Kleingruppenaktionen und der
Sitzblockade "Kohle erSetzen!". Bislang gab es keine Aktion des Zivilen
Ungehorsams in einer solchenGrößenordnung gegen den Kohleabbau bei
Leipzig. Siestellt einen Aufbruch für mehr widerständige Aktionen im
Mitteldeutschen Revier dar. DieAktionist dabei eingebettet in eine
wachsende Klimagerechtigkeitsbewegungweltweit. In diesem Jahr finden
acht Klimacamps und zahlreiche Aktionen des Zivilen Ungehorsams in
Europa statt. Ende Oktober sind rund um die Rodungssaison in der
Waldbesetzung des Hambacher Forst bei Köln auch wieder Aktionen des
Bündnisses "Ende Gelände" angekündigt.


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Hintergrund

Greenpeace (2017): Studie zu Klimawandel, Migration und Vertreibung
(Englisch).
https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/20170524-greenpeace-studie-climate-change-migration-displacement-engl.pdf
UNHCR (UN-Flüchtlingshilfswerk): FAQ Climate Change and Disaster
Displacement (Englisch).
http://www.unhcr.org/news/latest/2016/11/581f52dc4/frequently-asked-questions-climate-change-disaster-displacement.html